Mobilität bei Wohngebäuden in Neubau und Sanierung mitplanen

November 2019

Kommt ein Haushalt ohne eigenes Auto aus, sinkt der Energieverbrauch für Wohnen und Mobilität um ein Drittel bis die Hälfte. Bei der Energieeffizienz von Wohnbauten gibt es signifikante Fortschritte. Ebenso braucht es für klimaverträgliche Mobilität deren Integration bereits in der Planung von Wohnprojekten. Das Konzept des Energiesparhauses ist zum Verkehrsparhaus weiterzuentwickeln. So sind Wohnhausanlagen gut für Sharing-Angebote, etwa mit Elektro-Autos geeignet. Deren höhere Anschaffungskosten und der größere Ressourcenaufwand bei ihrer Herstellung amortisieren sich umso schneller, je mehr Personen ihre Wege damit zurückgelegen.

Wohnungsbezogene Sharing-Angebote lassen sich vielfältig gestalten: vom Fahrzeugangebot über die Verfügbarkeit bis zum Preis. Das zeigt etwa www.veränderung-bewegen.at, eine Website, die Informationen zu E-Carsharing im Wohnbau bietet, sowohl für den Bestand als auch für Neubauprojekte. Das Informationsportal für Bauträger sowie Eigentümerinnen und Eigentümer umfasst zahlreiche Tipps um die Bewohnerschaft einzubeziehen, Good-Practice-Beispiele und Erläuterungen zu möglichen Betriebsmodellen.

Bei Neubauprojekten gilt es, ergänzend zum Öffentlichen Verkehr eine breite Palette an multimodalen, individualisierten Mobilitätsangeboten wie E-Carsharing, Leihräder oder Transporträder direkt vor der Haustür zur Verfügung zu stellen. Stadt- und Raumplanung sorgen für kurze Wege und ein dichtes Angebot an Öffentlichem Verkehr. Bewohnerinnen und Bewohner profitieren von geringeren Mobilitäskosten. Weniger Bedarf an Pkw-Stellplätzen reduziert die Baukosten erheblich, insbesondere wenn bei teuren Tiefgaragen gespart werden kann. Das zeigen etwa die vorbildhaften Beispiele in der VCÖ-Projektdatenbank:

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Im Straßengüterverkehr gibt es unterschiedliche Technologien, die derzeit im Zusammenhang mit der angestrebten Dekarbonisierung diskutiert werden. Grob eingeteilt sind das elektrische Lkw (E-Lkw), Wasserstoff-Lkw (H2-Lkw) und Flüssiggas-Lkw (LNG-Lkw). Jede dieser Technologien braucht eine separate Infrastruktur, um betrieben werden zu können und jede Technologie hat naturgemäß gewisse Vor- und Nachteile. In der Praxis braucht es eine betriebsnotwendige Infrastruktur, bevor die Lkw auf die Straße geschickt und angeschafft werden. In einer Welt mit beschränkten Ressourcen an Geld, Baukapazitäten, Rohstoffen und Zeit zielt die zentrale Frage somit vor allem auf die Priorität: Worauf den Fokus legen?

Tempo 30 in der Stadt rettet Leben

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Fehlanreize abschaffen, ökosoziale Reform des Pendelpauschales angehen

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Menschengerechtes Verkehrssystem heißt: Tempo 30 innerorts zum Standard machen

Im Jahr 1992 war die Stadt Graz mit der Umsetzung von flächendeckendem Tempo 30 mit Ausnahme der Hauptstraßen internationale Vorreiterin. Zahlreiche Städte in Österreich, etwa Dornbirn, Leoben und Mödling sowie international, wie Grenoble, Helsinki, Lille, Zürich oder Barcelona sind dem Beispiel gefolgt. Zuletzt setzte Brüssel zu Beginn des Jahres 2021 Tempo 30 im verbauten Gebiet als Standard, Tempo 50 wurde zur beschilderten Ausnahme. Im Jahr 2020 wurde in den Niederlanden im Parlament beschlossen, flächendeckend Tempo 30 einführen zu wollen. Seit 11. Mai 2021 ist dies in Spanien als erstem EU-Staat Realität, landesweit gilt Tempo 30 im Ortsgebiet auf Straßen mit einer Kfz-Fahrbahn je Richtung, Tempo 20 auf Straßen mit nur einer Fahrbahn. In Österreich wird derzeit an einer Reform der Straßenverkehrsordnung (StVO) gearbeitet. Es lässt sich mit Hinblick auf die lokale Lebensqualität sowie Verkehrssicherheit kaum begründen, warum Österreich dem spanischen Beispiel nicht folgen sollte.